Univ.-Prof. Dr. Ullrich Balzer
Abstract
Einsatz von KI-basierten multiparametrischen „Wearables“ in der Kurmedizin
Ihm Rahmen der klinischen Diagnostik sind schon seit längerem ambulante Monitoring-Geräte zur Aufzeichnung von physiologischen Daten und biochemischen Daten im Einsatz. Dabei handelt es sich vorwiegend Geräte, die für spezielle medizinische Fragestellungen wie kardio-vaskuläre Fragestellungen (EKG-Recorder, Herzfrequenzvariabilitäts-Recorder, Langzeitblutdruckmonitore), neurologische Fragestellungen oder Schlafdiagnostik (z.B. Langzeit-EKG-Recorder) oder für internistische Fragestellungen (z.B. die Langzeitblutdruckrecorder gekoppelt mit Messungen der SPO2 - Gehalts, oder Geräten zur Bestimmung des Blutzuckergehalts über den Glucosegehalt im Gewebe. Dazu kommen Recorder zur Bestimmung des motorischen Verhaltens (Bewegungsaktivität, Schrittzähler…). Die genannten Systeme verfügen in der Regel über Aufzeichnungsdauern von 24 Stunden. Kurmedizinische Anwendungen und Therapien sind oft ebenso speziellen therapeutischen Fragestellungen gewidmet, wirken sich jedoch immer auch auf den Menschen in seiner Gesamtheit aus und sind damit vor allem auch aus der Sicht der Ganzheitsmedizin als komplexe Reaktion des Menschen auf eine Behandlung im Rahmen einer Kur zu sehen. Unter Berücksichtigung der Aufgabenstellung einer Kur, dem Patienten zum Ende der Kur eine Aussage über den Gesamtheitszustand geben zu können oder im Verlaufe einer Kur die einzelnen Anwendungen und therapeutischen Maßnahmen optimal und individuell anwenden zu können, ergibt sich die Aufgabenstellung für „wearables“ – am Körper tragbare Monitoringsysteme – einerseits diese multiparametrisch zu entwickeln, so klein und „unmerkbar“ zu machen, dass sie vom Patienten möglichst nicht wahrgenommen werden um psychologische bedingte Rückwirkungen zu vermeiden, andererseits deren diagnostische Aussagen für eine intraindividuelle Therapie (zeitlich optimiert) einsetzbar zu machen und letztlich die Möglichkeit zur Integration der gemessenen Parameter für Aussagen zum Gesundheitszustand und dessen Verbesserung gegenüber dem Zustand bei Kurbeginn zu ermöglichen. Auf Grund der Dauer von Kuren sind somit auch Erweiterungen der Laufzeit der Monitoringsysteme über 24 Stunden hinaus bis in den Bereich von Monaten notwendig. Methodisch ergibt sich die Möglichkeit unter Nutzung der chronobiologischen Regulations-Diagnostik (CRD) und der Anwendung von Methoden der KI (wie z.B. neuronaler Netze) einerseits zu Gesamtaussagen im Sinne der Ganzheitsmedizin zu kommen und andererseits aber auch intraindividuelle zeit-optimierte therapeutische Anwendungen zu ermöglichen. Das System smard-watch (System zum Monitoring und zur Analyse mittel Regulations-Diagnostik) ermöglicht dieses (Parameter, EMG, Hautwiderstand, Hautpotential, Hauttemperatur, 3D-Beschleunigung, 3D-Rotation) – und wird für weitere Parameter weiterentwickelt - unter Anwendung der CRD für eine Reihe von Aufgaben im Bereich der Kurmedizin (Nachweis psychischer Entspannung bei physischer Beanspruchung, Finden von optimalen Behandlungszeiträumen, Aussagen zum Gesundheitszustand).
Zur Person
Hans-Ullrich Balzer promovierte 1982 zum Dr. rer. nat an der Universität Greifswald im Bereich experimentelle Physik. 1984 wechselte er an die Klinik Charité der Humboldt Universität zu Berlin in das Institut für Pathophysiologie. Von 1984 bis 1994 beschäftigte er sich hauptsächlich mit der Erforschung von Schlafstörungen (Insomnie) und der Erforschung von stressbedingten gesundheitlichen Störungen. Darüber hinaus war er aktiv in die Forschung im Bereich Raumfahrtmedizin tätig. Im Jahre 1995 gründete er das Institut für Stressforschung GmbH und entwickelte ein eigenes multiparametrisches Monitoringsystem smardwatch zur Anwendung im Human – und Tierbereich. Im Jahre 2001 wechselte er als Mitarbeiter und wiss. Leiter an die Universität Mozarteum Salzburg in Österreich (Musikwirkungsforschung). Seit 2001 war auch im Bereich Tierverhaltensforschung am Institut für Agrar-u. Stadtökologische Projekte an der Humboldt Universität zu Berlin tätig. 2008 gründete er die Chronomar GmbH. Die Chronomar GmbH beschäftigt sich mit der Forschung, Entwicklung und dem Vertrieb von Medizintechnik für den Humanbereich. Dr. H.-U. Balzer ist Mitglied der Internationalen Gesellschaft für Astronautik (IAA). Er ist Autor zahlreicher Publikationen und Patenten.
www.chronomar.com
Prof. Dr. med. André-Michael Beer
Abstract
Moderne Moortherapie
Zum Heiltorf, seinen Wirkungen und der Wirksamkeit liegen von allen medizinisch genutzten Peloidarten die meisten Studien vor.
Dachte man bisher, dass die thermisch physikalischen Wirkungen der Torfwirkungen im Vordergrund stehen, so wird durch die in den letzten Jahren erschienenen Veröffentlichungen immer deutlicher, dass beide Wirkungen gleichberechtigt nebeneinander stehen.
Während die thermischen Wirkungen aller Torfarten gleich sind, gibt es Unterschiede in den chemischen Wirkungen. Es wird ein Überblick zum aktuellen Wissensstand zu Wirkungen und Wirksamkeit und den Möglichkeiten und Grenzen der Heiltorftherapie gegeben.
Zur Person
Prof. Dr. med. André-Michael Beer, M.Sc. studierte nach einer dreijährigen Heilpraktikerausbildung an der Josef-Angerer Schule in München in Aachen Humanmedizin an der RWTH und absolvierte am Luisenhospital Aachen seine Facharztausbildung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Anschließend leitete er eine gynäkologisch-onkologische Rehabilitationsklinik in Bad Kissingen. Von 1997 bis 2024 war er Klinikdirektor der Klinik für Naturheilkunde an der Klinik Blankenstein in Hattingen. Von 2022-2024 leitet er zusätzlich die Ambulanz für Naturheilkunde und integrativer Frauenheilkunde am St. Elisabeth-Hospital, der Frauenklinik des Katholischen Klinikum Bochum, Ruhr-Universität Bochum. 2004 habilitierte er sich an der Ruhr-Universität Bochum auf dem Gebiet der Naturheilkunde. Seine Publikationen sind in namhaften Zeitschriften erschienen. Er ist u.a. auch Vorsitzender des Ausschusses Wissenschaft, Forschung und Entwicklung im Deutschen Heilbäder e.V. und beratend in verschiedenen Gremien tätig.
Univ.-Prof. Dr. Richard Crevenna
Abstract
Die Balneotherapie im Konzept der multimedialen Schmerzbehandlung
In der systematischen Einteilung physikalisch-medizinischer Therapien stellt die Balneo- und Klimatherapie neben der Mechano-, Elektro-, Thermo- und Phototherapie einen wesentlichen der fünf Grundpfeiler dar. Die Balneotherapien stellen hierbei ein häufig ortsgebundenes Angebot dar, das sowohl klinisch-medizinische als auch sozioökonomische Relevanz haben kann. Seriell angewendete physikalische Therapien, wie Balneotherapien erzielen ihre Effekte durch Regulation und Adaption sowie durch eine Verbesserung struktureller Zustände und können dadurch bei Gesunden und Erkrankten deren Aktivitäten, körperliche und psychosoziale Funktionen sowie die Partizipation, d.h. die soziale und berufliche Teilhabe und Resilienz gegenüber Krisen und Belastungen verbessern helfen.
Die Arthrose sowie der Kreuzschmerz sind typische sog. Volkskrankheiten, welche zu Schmerz, Funktionseinschränkung, Rückzug, Dekonditionierung und über eine Abwärtsspirale zu einer eingeschränkten beruflichen und sozialen Teilhabe führen können. Beide stellen in unseren Breiten sehr häufige und relevante Leiden und damit gleichzeitig auch eine große sozioökonomische Bürde dar.
Das Gebiet der Balneo- und Klimatherapie stellt bei Schmerzsyndromen wir u.a. der Volkskrankheit Arthrose mit ihren unterschiedlichen Therapiemöglichkeiten ein effektives und wissenschaftlich fundiertes Modul in ganzheitlichen multimodalen Behandlungs-und Rehabilitationskonzepten dar. Die dabei durch den Einsatz von balneotherapeutischen Angeboten erreichte Schmerzreduktion führt über eine Funktionsverbesserung zur Steigerung der Lebensqualität und verbesserter (beruflicher und sozialer) Teilhabe. Diese bis dato wissenschaftlich belegten Benefit der Balneotherapie sind durch weitere wissenschaftliche Untersuchungen in ihrer Evidenz zu bestätigen.
Zur Person
- Vorstand der Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin der Medizinischen Universität Wien
- Leiter des Comprehensive Centers foor Musculoskeletal Disorders
(CCMSD) im Universitätsklinikum AKH Wien
- Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation (ÖGPMR)
- Präsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG)
Dr. med. Sepp Fegerl
Abstract
Kuren optimal nützen – ergriffene oder verpasste Chance
Der Entschluss zur Kur ist gefasst, die Zeit dafür ist bereitgestellt. Spätestens seit Bekanntwerden der Darm-Mikrobiom-Organachsen wissen wir um die Wichtigkeit eines gesunden Verdauungstraktes. Der Vergleich mit dem Optimalzustand in der Diagnostik nach Mayr lässt auch funktionelle Störungen schon früh, noch vor der Entstehung von echten Pathologien erkennen. Dadurch kann sehr wirkungsvoll korrigiert werden und dafür muss es nicht immer gleich eine richtige Mayr-Kur sein!
Zur Person
Präsident der Internationalen Gesellschaft der Mayr-Ärzte
Vizepräsident im Österreichischen Dachverband für ärztliche Ganzheitsmedizin
Uni-Lehrgang Ganzheitliche Ernährungsmedizin, Med.-Wiss. Lehrgangsleitung, KL-Academy
Über 30 Jahre Leitung ganzheitsmed. Ambulatorien (F.X. Mayr, Kneipp, physic. Medizin ..)
Manfred Herold MD PhD Prof.
Abstract
Hyperthermie zur Behandlung von Schmerzen
Therapeutische Hyperthermie ist eine kontrollierte Erwärmung des Körpers und häufig eine wirksame Methode zur Behandlung von chronischen Schmerzen [1].
Hyperthermie kann als topische, regionale oder systemische Behandlung eingesetzt werden. Üblicherweise werden Temperaturen im Bereich von 38,5–43 °C angewendet. Intensive lokale und systemische Hyperthermie (Ziel-Körperkerntemperatur > 41 °C) wirkt immunsuppressiv, während eine milde, moderate systemische Hyperthermie (Ziel-Körperkerntemperatur 38–40 °C) immunmodulierende und immunstimulierende Effekte induziert. Die systemische Anwendung der Ganzkörperhyperthermie hat den Vorteil, dass auch tiefere Gewebestrukturen erreicht werden können. Hyperthermie führt zu Analgesie, verbesserter Gewebedurchblutung durch Gefäßerweiterung, Entspannung der Skelettmuskulatur und Verringerung der Weichteilspannung [2].
Eigene Untersuchungen an freiwilligen Versuchspersonen im Überwärmungsbad und in der Saune zeigten, dass der Plasmacortisol mit zunehmender Körpertemperatur abfällt, was offensichtlich Hinweis ist für einen Mehrverbrauch in der Peripherie [3, 4].
Der Erfolg der Hyperthermie ist gut bei der Behandlung von Patienten mit Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew; [5]) und Fibromyalgie dokumentiert.
In der Behandlung schmerzhafter rheumatischer Erkrankungen ist Hyperthermie eine wirkungsvolle Ergänzung einer medikamentösen Therapie, die zu merkbarer Schmerzreduktion führt.
Literatur:
1. Klemm P, Schulz N, Boettger P, Lange U. Heat therapy in rheumatic and musculoskeletal diseases - an overview of clinical and molecular effects. Int J Hyperthermia. 2024;41:2322667. doi: 10.1080/02656736.2024.2322667
2. Jeziorski K. Hyperthermia in rheumatic diseases. A promising approach? Reumatologia. 2018;56:316-20. doi: 10.5114/reum.2018.79503.
3. Günther R, Herold M, Egg D. Plasmacortisol-Bestimmungen vor, während und nach Hyperthermie durch Überwärmungsbäder bei männlichen und weiblichen jugendlichen Versuchspersonen. Z f Phys Med 1978;5:224-9
4. Günther R, Herold M, Egg D. Plasmacortisolbestimmungen bei gesunden jugendlichen Versuchspersonen in der Sauna. Sauna-Archiv 1979;ii:30-6
5. Herold M, Lind-Albrecht G. Radon im Behandlungskonzept der Spondylitis ankylosans. Wien Med Wochenschr 2008;158:209-12
Zur Person
Promotion zum Dr. phil. (Chemie) 1975, zum Dr. med. 1981, Anerkennung zum Facharzt für Innere Medizin 1986, für medizinische und chemische Labordiagnostik 1992 und Zusatzfach für Rheumatologie 1992. Neben der Tätigkeit in allgemeiner Innerer Medizin mit vorübergehenden Leitung unterschiedlicher internistischer Abteilungen spezialisierte er sich auf Rheumatologie und die Diagnose von Autoimmunerkrankungen. Ab 1993 bis zu seiner Pensionierung 1994 war er Leiter der Rheumaambulanz und des für Routinebestimmungen zuständigen Rheumalabors an der Univ.-Klinik für Innere Medizin II der Universität Innsbruck. Seit seinem Ruhestand von der Universität ist er weiterhin in mehreren nationalen und internationalen Arbeitsgruppen tätig und arbeitet als Rheumatologie in seiner Wahlarztpraxis. Er ist Mitherausgeber von 5 Büchern und Koautor von mehr als 300 Arbeiten.
MR Dr.med. Gerhard Hubmann
Abstract
Salutogenese in der modernen Kurmedizin
Die Kurmedizin basiert auf vielen Maßnahmen der traditionellen Medizin, beispielsweise der Anwendung natürlicher Heilmittel. In ihrem Zentrum stehen Kuren, die eine gezielte und oft langfristige Heilbehandlung von diversen chronischen Krankheiten, häufig Beschwerden des Bewegungsapparates, aber auch psychosomatischer Leiden ermöglichen. Damit verfolgt die Kurmedizin einen ganzheitlichen Ansatz, der nicht nur der Linderung von Symptomen dient, sondern vielmehr auch die Prävention von Krankheiten und die Stärkung von Körper, Geist und Seele zum Ziel hat.
Derzeit vollzieht sich ein langsamer Paradigmenwechsel im Gesundheitssystem, wobei der Fokus zunehmend nicht nur auf der Behandlung von Krankheiten liegt, sondern vermehrt auf Erhaltung und Förderung von Gesundheit gerichtet ist. Die ganzheitliche Denkweise spielt hier eine entscheidende Rolle und ist Ausdruck eines Weltbildes, das den Menschen wieder als Einheit in seiner Umwelt, seinem psychosozialen Umfeld und in seiner Beziehung zur Natur sieht.
Ziel der Salutogenese nach Antonovsky ist es, die Entstehung von Gesundheit zu verstehen und sie trotz verschiedener Belastungsfaktoren zu bewahren. Mithilfe der modernen Kurmedizin, verbunden mit einem salutogenetischem Fokus, lernt der Patient sich aktiv um seine Gesundheit zu kümmern und erfährt, dass eine gesundheitsbewusste Lebensweise ein Mehr an Gesundheit, an körperlichem Wohlbefinden und Lebensfreude bringt.
Da es in unserer Zeit immer wichtiger wird, auch gesundheitsökonomisch zu denken, kommt der Prävention, Gesundheitsvorsorge und Gesundheitserhaltung ein immer höherer Stellenwert zu.
Zur Person
Gerhard Hubmann (* 1959 in Wien) ist ein Wiener Ganzheitsmediziner, Leiter des Gesundheitszentrums Medicus für Ganzheitsmedizin in Wien, Vizepräsident der Wiener Internationalen Akademie für Ganzheitsmedizin (GAMED)
1978-1984 Medizinstudium an der Universität Wien
1985 Promotion zum Doktor der gesamten Heilkunde an der Universität Wien
Jänner-August 1985 Wehrdienst beim österreichischen Bundesheer/ Heeresspital
Okt. 1985-Dez. 1989 Turnusarzt im Hanuschkrankenhaus
Jänner-Dez. 1989 Abteilung Heilmittelverrechnung der WGKK
1. Juli 1989 Ordinationseröffnung in Wien/Kalksburg
1990-2000 Chefarzt der Österreichischen Staatsdruckerei
1992 -2013 Ärztl. Leiter einer geriatrischen Bettenstation
im Pensionistenheim am Rosenberg
2003 Eröffnung Ganzheitsmedizinisches Therapiezentrum „MEDICUS mit Dr. Christian WUTZL in Wien/Kalksburg
2012-2017 Leiter des Zentrums für Integrative Medizin (ZIM) in Therme Wien Med
2000-2021 Berater für Komplementärmedizin der WGK
2015-2022 Lehrgangsleiter des Masterstudiums „Ganzheitliche
Therapie & Salutogenese“ an der FH Campus Wien (2015-2022)
seit 2023 Seminarleiter „Prävention und Salutogenese“ an der Campus Wien Academy seit 2003 Leiter des Gesundheitszentrum Medicus in Wien
AUSBILDUNGEN UND ARBEITSSCHWERPUNKTE
> Diplom für Ganzheitsmedizin
> ÖÄK – Diplom Akupunktur
> ÖÄK – Diplom Homöopathie
Mein Schwerpunkt der Therapie chronischer Erkrankungen liegt in der Wiederherstellung einer harmonischen Funktion des Immunsystems. Synergistische Therapiestrategien gilt es zum Wohl der Patienten und Patientinnen sinnvoll abzustimmen – Komplementärmedizin bietet sowohl im molekularen Therapiespektrum (Phytotherapie, Orthomolekulare Medizin, TCM etc.) als auch auf feinstofflicher Ebene (Homöopathie, Ultra-Low-Dose-Therapie, Homotoxikologie, psycho-neuroimmunologische
Strategien etc.) eine Vielfalt an Möglichkeiten.
LEITSPRUCH, PERSÖNLICHES MOTTO
„Das ist kein Arzt, der das Unsichtbare nicht weiß, das keinen Namen trägt, keine Materie hat und doch seine Wirkung. Nicht der Corpus ist die Arznei, das wahre Arkanum ist unsichtbar“ (Paracelsus)
Priv. Doz. DDr. Sonja Kickmaier, MSc
Abstract
Balneologie im Spannungsfeld von Politik und Wirtschaft: Potentiale, Herausforderungen und Perspektiven
Balneologie – die wissenschaftliche Nutzung natürlicher Heilmittel wie Thermalwasser, Moor und Heilgas, Co2 – blickt auf eine jahrhundertealte Geschichte zurück. In vielen Ländern Europas ist sie bis heute eng mit der Entwicklung von Kurorten, Gesundheitsregionen und Tourismusinfrastrukturen verbunden. Während sie früher vor allem als medizinisches Verfahren im Rahmen der Rehabilitation verankert war, hat sich ihre Rolle in den letzten Jahrzehnten gewandelt: Heute steht die Balneologie zunehmend an der Schnittstelle zwischen Gesundheitsversorgung, wirtschaftlicher Standortpolitik und gesellschaftlicher Lebensstilveränderung.
Diese Neuverortung bringt Chancen, aber auch komplexe Herausforderungen mit sich. Einerseits wächst die Nachfrage nach ganzheitlichen, natürlichen und präventiven Gesundheitsangeboten – ein Trend, den die Balneologie in idealer Weise bedienen kann. Andererseits sind ihre Finanzierung und institutionelle Einbindung häufig abhängig von politischen Entscheidungen, wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und strukturellen Zwängen. Der zunehmende Druck zur wirtschaftlichen Rentabilität stellt viele balneologische Einrichtungen – insbesondere in kleineren Kurorten – vor die Frage, wie sich medizinischer Anspruch, touristische Attraktivität und kommunale Tragfähigkeit miteinander verbinden lassen.
Die WHO erkennt naturheilkundliche Verfahren als Teil integrativer Gesundheitsversorgung an, und auch auf EU-Ebene gibt es Förderungen, die den sanften Gesundheitstourismus unterstützen. Gleichzeitig aber bestehen zwischen den europäischen Ländern grosse Unterschiede in der politischen und gesundheitlichen Bewertung balneologischer Verfahren, Eine gemeinsame Strategie wird dadurch erschwert. Die Standardisierung von Qualitätskriterien, die Etablierung evidenzbasierter Leitlinien und eine stärkere Vernetzung balneologischer Einrichtungen könnten hier einen wichtigen Beitrag leisten.
Neben diesen strukturellen Faktoren sieht sich die Balneologie mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert, die sowohl systemischer als auch gesellschaftlicher Natur sind. Dazu zählt der demografische Wandel, der einerseits die Nachfrage nach gesundheitsbezogenen Angeboten erhöht, gleichzeitig, aber auch strukturelle und finanzielle Belastungen für Einrichtungen und Kommunen mit sich bringt. Auch der Klimawandel stellt eine Herausforderung dar, viele balneologische Betriebe sind auf Wasserressourcen angewiesen und müssen energetisch aufwändig betrieben werden. Zudem gewinnt das Thema Nachhaltigkeit auch im Gesundheitstourismus an Bedeutung. Ökologische Bauweise, ressourcenschonende Nutzung und CO₂-Reduktion rücken in den Fokus strategischer Entwicklungen.
Veränderte Nutzererwartungen fordern zunehmend personalisierte Angebote, digitale Services und eine Verbindung von medizinischer Kompetenz mit Wohlfühlerlebnis. Diese Entwicklung braucht Investitionen in digitaler Infrastruktur, Fachpersonal und innovative Angebotsformaten. Gleichzeitig fehlt es vielerorts an einem jungen, qualifizierten Fachkräftenachwuchs im Bereich der balneologischen Medizin, aber auch im Bäder- und Gesundheitsmanagement.
Trotz dieser Herausforderungen bieten sich vielversprechende Perspektiven für die Zukunft der Balneologie. Ein Schlüssel liegt in der Integration in übergeordnete Gesundheits-, Tourismus- und Regionalentwicklungsstrategien. Balneologische Einrichtungen könnten – sinnvoll eingebettet – als Gesundheitszentren der Zukunft fungieren: Orte, an denen Prävention, medizinische Versorgung, Erholung und Bildung ineinandergreifen. Voraussetzung dafür sind politische Rückendeckung, flexible Finanzierungsmodelle und eine stärkere Kooperation zwischen öffentlicher Hand, privatem Sektor und Wissenschaft.
Die Balneologie besitzt das Potenzial, zu einem zukunftsfähigen, multidimensionalen Gesundheits- und Wirtschaftsfaktor zu werden, wenn es gelingt, die politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen entsprechend auszurichten. Im Spannungsfeld von Gemeinwohlorientierung und Marktmechanismen liegt die Chance, innovative Lösungen zu entwickeln, die den Ansprüchen einer alternden, gesundheitsbewussten und nachhaltigkeitsorientierten Gesellschaft gerecht wird.
Zur Person
Institution: Atlantic International University
Topic: “Man and his Genome – a dark matter”
Degree: Cum Laude - Doctor of Science Sociology
Institution: Atlantic International University
Topic: “The Power and Glory of International Studies –
Combining Ethical and Business Objectives for the Common Good"
Degree: Cum Laude - Doctor of Science: Health Care Administration (Business Administration)
Institution: Atlantic International University
Topic: “Managing Clinical Studies - a Critical Reflection”
Degree: Master of Science: Research Management (clinical studies)
1986 - 1989: Leaving certificate at the school of Dr. Roland, Vienna
1986 – 1989: Training in hotel management
1989 – 1995: Study irregular in the diet and nourishment physiology
1992: Study at the institute of experimental pathology in
Innsbruck Administrator: Prof. Dr. G. Wick
Prof. Dr. Meng Alexander
Abstract
Die Balneotherapie im Konzept der multimedialen Schmerzbehandlung
In der systematischen Einteilung physikalisch-medizinischer Therapien stellt die Balneo- und Klimatherapie neben der Mechano-, Elektro-, Thermo- und Phototherapie einen wesentlichen der fünf Grundpfeiler dar. Die Balneotherapien stellen hierbei ein häufig ortsgebundenes Angebot dar, das sowohl klinisch-medizinische als auch sozioökonomische Relevanz haben kann. Seriell angewendete physikalische Therapien, wie Balneotherapien erzielen ihre Effekte durch Regulation und Adaption sowie durch eine Verbesserung struktureller Zustände und können dadurch bei Gesunden und Erkrankten deren Aktivitäten, körperliche und psychosoziale Funktionen sowie die Partizipation, d.h. die soziale und berufliche Teilhabe und Resilienz gegenüber Krisen und Belastungen verbessern helfen.
Die Arthrose sowie der Kreuzschmerz sind typische sog. Volkskrankheiten, welche zu Schmerz, Funktionseinschränkung, Rückzug, Dekonditionierung und über eine Abwärtsspirale zu einer eingeschränkten beruflichen und sozialen Teilhabe führen können. Beide stellen in unseren Breiten sehr häufige und relevante Leiden und damit gleichzeitig auch eine große sozioökonomische Bürde dar.
Das Gebiet der Balneo- und Klimatherapie stellt bei Schmerzsyndromen wir u.a. der Volkskrankheit Arthrose mit ihren unterschiedlichen Therapiemöglichkeiten ein effektives und wissenschaftlich fundiertes Modul in ganzheitlichen multimodalen Behandlungs-und Rehabilitationskonzepten dar. Die dabei durch den Einsatz von balneotherapeutischen Angeboten erreichte Schmerzreduktion führt über eine Funktionsverbesserung zur Steigerung der Lebensqualität und verbesserter (beruflicher und sozialer) Teilhabe. Diese bis dato wissenschaftlich belegten Benefit der Balneotherapie sind durch weitere wissenschaftliche Untersuchungen in ihrer Evidenz zu bestätigen.
Zur Person
Facharzt für Neurologie/Psychiatrie
Vizepräsident der ÖGA, www.akupunktur.at
Vizepräsident Österreichischer Dachverbandes für ärztliche Ganzheitsmedizin
- 1945 Geboren in Viechtach/Bayern, aufgewachsen und besuchte die Mittelschule bis 8. Klasse in Peking.
- Matura 1966 in Horn/Niederösterreich.
- Medizinstudium an der medizinischen Fakultät der Universität in Wien, 1975 Promotion zum Dr. med. univ.
- 1982 Facharzt für Neurologie und Psychiatrie.
- 1983 – 2005 als Facharzt bzw. Oberarzt (ab 1990) an der Neurologischen Abteilung im Klinik Hietzing (vormals KH Lainz) Wien.
- 1983 – 2005 Gründung und Leiter der Schmerz-Akupunktur-TCM Ambulanz der neurologischen Abteilung (KHL).
- 1996 Verleihung des Berufstitels “Professor“ durch Bundespräsident Österreich.
- 19.April 2018 Verleihung Silberne Ehrenzeichen der Ärztekammer für Wien
- 30.Jänner 2018 Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich.
- Seit 1984 ärztlich tätig in eigener Privatpraxis Wien.
Univ.-Prof. Dr.med. Wolfgang Marktl
Abstract:
Wissenschaft in der Kurmedizin.
Die konventionelle klinische Medizin gründet ihre Erfolge darauf, dass sie sich als eine Sparte der Naturwissenschaft versteht. Damit in Verbindung steht die Tatsache, dass andere Denkweisen, Methoden und medizinische Anwendungen als unwissenschaftlich apodiktisch abgelehnt werden. Charakteristisch für die Kurmedizin ist allerdings, dass die nachweisbaren Effekte dieser Art des Gesundheitsangebotes auf mehreren Faktoren beruhen und daher ein reduktionistischer Zugang nicht dem Wesen der komplexen medizinischen Kur entspricht.
Schon seit langer Zeit ist bekannt, dass balneomedizinische Kuren für die Zwecke der Gesundheitsförderung, Gesundheitsvorsorge und Gesundheitswiedererlangung eingesetzt werden. Damit sind aber auch Bereiche wie Salutogenese, Prävention und Rehabilitation angesprochen, für die eine wissenschaftliche Basis wohl kaum geleugnet werden kann.
Kennzeichen der Kurmedizin sind auch die iterativen Anwendungen der Kurmittel woraus abgeleitet werden kann, dass der Faktor Zeit in diesem Zusammenhang eine nicht unwesentliche Rolle spielt. In diesem Zusammenhang muss auch festgestellt werden, dass bei balneomedizinischen Kuren ein Immediateffekt der Anwendung von Kurmitteln von einem so genannten Hafteffekt unterschieden wird. Immediateffekte der Anwendung von Heilwässern, Peloiden etc. können und werden naturwissenschaftlich untersucht und nachgewiesen. Der anhaltende Effekt der nach dem Kuraufenthalt gezeigt werden kann, wird selbstverständlich durch dementsprechende Untersuchungen auf einer wissenschaftlichen Basis belegt. Es spielt daher der Zeitfaktor bei der Beurteilung des Effektes von seriellen therapeutischen Reizen eine wesentliche Rolle, wobei der wissenschaftliche Hintergrund durch die Adaptationsphysiologie geliefert wird.
Ergänzend dazu kann noch festgestellt werden, dass wissenschaftliche Disziplinen wie Systemtheorie, Psychologie und Chronobiologie weitere Beiträge zur Wissenschaftlichkeit der komplexen Balneotherapie und zu den Grundlagen sowie dem Wirkungsnachweis der balneomedizinischen Kur liefern.
Die konventionelle klinische Medizin versteht sich als eine Sparte der Naturwissenschaft. Dabei wird nicht selten Naturwissenschaft mit Wissenschaft gleichgesetzt. Wesentliche Kennzeichen der Naturwissenschaft sind u.a. Determinismus, Reduktionismus charakterisiert durch einfache Ursache-Wirkungsbeziehungen, Reproduzierbarkeit der Ergebnisse etc. Zweifelsohne hat diese Denkweise in bestimmten Bereichen des Lebens und der Gesellschaft die Grundlage zu beeindruckenden Erfolgen geführt, wie dies z.B. durchaus in der Medizin der Fall war und ist. Allerdings ist daraus keineswegs die Berechtigung abzuleiten, alle anderen Denkweisen grundsätzlich abzulehnen und die natur-wissenschaftliche Denkweise als die einzige Möglichkeit des Erkenntnisgewinns zu beurteilen.
Tendenzen in Richtung von Verboten der Information und Ausübung jeglicher Art von Medizin, die nicht der naturwissenschaftlichen Denkweise entsprechen, haben im 21. Jahrhundert keine Berechtigung. Die Vertreter der verschiedenen Methoden einer integrativen Medizin sind jedoch gut beraten, ihre Methoden auch aus der Sicht einer wissenschaftlichen Sicherung zu fundieren, wobei Wissenschaft nicht als Synonym der Naturwissenschaft aufgefasst werden soll.
Zur Person
Medizinstudium in Innsbruck und Wien in den Jahren 1962 bis 1968.
Promotion zum Dr.med.univ. am 15. 6. 1968 in Innsbruck.
Juni 1994 Anerkennung als Facharzt für medizinische Leistungsphysiologie. Von 1968 bis 2009 tätig an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien bzw. MUW.
Von 1986 bis Ende 2010 Leitung des Ludwig Boltzmann Institutes zur Erforschung physiologischer Rhythmen in Bad Tatzmannsdorf.
Seit 2003 Präsident der GAMED - Wiener Internationale Akademie für Ganzheitsmedizin. Seit 2002 Vizepräsident des Österreichischen Akademischen Institutes für Ernährungsmedizin
Seit 2016 Mitglied der Wissenschaftskommission beim Bundesministerium für Landesverteidigung
2001 Verleihung des Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst, I. Klasse, durch den Bundespräsidenten.
2015 Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um das Land Wien.
340 internationale wissenschaftliche Publikationen.
Wissenschaftliche Arbeitsgebiete: Ernährungs- und Stoffwechselphysiologie, Balneologie und medizinische Klimatologie,
Chronobiologie, Ganzheitsmedizin
Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. habil. Karl-Ludwig Resch, FRSM
Abstract 1:
Long Covid: Joker Kurort?
Schon bald nach Beginn der Covid19-Pandemie im Jahr 2020 wurden erste Berichte publiziert, die protrahierte Verläufe der Erkrankung beschrieben und schon früh als „Long Covid“ bezeichnet wurden. Ebenfalls häufig beobachtet wurde, dass nach vermeintlich benignem Verlauf der Akutinfektion einige Wochen bis Monate später Long Covid-ähnliche Symptome einsetzten. Später, als immer größere Teile der Bevölkerung geimpft wurden, traten ebenfalls ähnliche Störungen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung auf (Post-Vac-Syndrom).
Eine klare und eindeutige Ätiopathologie von Long Covid zeichnet bis heute nicht ab. Typisch ist vielmehr ein buntes Symptomenbild (beschrieben sind über 200 verschiedene Symptomatiken), und vieles spricht dafür, dass Long Covid möglicherweise eher ein Sammelbegriff für verschiedene Pathologien sein könnte, darunter neurologische Störungen, Viruspersistenz sowie ein "durchgeknalltes Immunsystem" (haywire immune system, vgl. Science. 2022 Jun 17;376(6599):1261-1265) bzw. ein generalisiertes Entgleisen der Autoregulation (Dysautonomie, vgl. Nature Reviews Microbiology 2023 Jun;21(6):408).
Ähnliche Störungen waren schon lange vor der Pandemie bekannt. So sind im Schlagwortkatalog der Datenbank Medline seit 1990 für den Begriff Chronic Fatigue Syndrome die Begriffe "Myalgic Encephalomyelitis" und "Postviral Fatigue Syndrome" als synonym zugeordnet. Die Inzidenz von mutmaßlich auslösenden Virusinfektionen wie Epstein-Barr oder Mononukleose war aber stets um Dimensionen niedriger als die Inzidenz von SARS-CoV-2-Infektionen, und das bei möglicherweise (noch) nicht optimal geprägter spezifischer Immunität. Deshalb ist Long Covid zumindest quantitativ ein so vorher nie dagewesenes Problem, weshalb wohl bis heute die gewachsenen Versorgungsstrukturen weder quantitativ noch in ihrem medizinischen Ansatz die Note ausreichend verdienen.
In Deutschland z.B. liegen die Kapazitäten in der stationären psychosomatischen Rehabilitation bei etwa 100.000 Behandlungsplätzen pro Jahr, die schon vor der Pandemie ausgebucht waren. Dies gilt gleichermaßen für Rehabilitationskliniken mit anderen Fachabteilungen, z.B. Orthopädie oder Neurologie, wobei die dort üblichen typischerweise trainierenden) Therapieansätze für Long Covid oft wenig erfolgreich waren und sind. Wer keinen Therapieplatz in einer Rehabilitationsklinik bekommt, für den bleibt meist nur die ambulante wohnortnahe Versorgung, wobei einerseits Hausärzte als Planer und Koordinatoren komplexer Therapieansätze überfordert sein dürften und andererseits regelhaft die medizinisch indizierten Therapeuten nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Eine weitere wesentliche Limitation dieser Form der Long Covid-Versorgung liegt sicher darin, dass zwischen einzelnen therapeutischen Maßnahmen Betroffene den überfordernden Alltagsreizen ungeschützt ausgesetzt sind.
Der balneologische/kurortmedizinische Ansatz zeichnet sich demgegenüber durch eine Reihe von spezifischen Potentialen aus, die gerade beim komplexen Problembild Long Covid besonders Erfolg versprechend erscheinen. So wirken im balneologischen Ansatz implizit auch die hydrotherapeutischen Reize (vor allem Temperatur und Auftrieb) auf die autonome Regulation und den Metabolismus, ohne dass es eines „Zutuns“ der Behandelten bedürfte. Auch weitere spezifische Wirkfaktoren des Kurorts lassen sich synergistisch einbinden bis hin zu den früher als medizinisches Wirkprinzip populären Milieuwechsels. Bei einigen liegen sogar überzeugende Studien zu den modulierenden Wirkungen auf das Immunsystem vor, die sich zwanglos auf ähnliche Ansätze übertragen lassen. Und die aktuell vorhandene Infrastruktur der Kurorte könnte auch unter quantitativen Gesichtspunkten einen hochrelevanten Beitrag leisten.
Abstract 2:
Balneologie 2025: "evicence based" vs. "value based"
Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH, Nürnberg
Der Kurort als "heilsamer Ort" ist als medizinisches Konzept möglicherweise so alt wie die Medizin selbst. Im Mittelpunkt stehen dabei besondere („ortsgebundene“) natürlich Heilmittel, allen voran Wässer. In den Werken der Urväter der Heilkunst, Hippokrates und Galen finden sich konkrete und detaillierte Beschreibungen zu diversen Wasseranwendungen (die mittelbar u.a. Eingang gefunden haben in die Kneipp’sche Hydrotherapie). In der Bibel finden sich konkrete Hinweise wie z.B. der Teich Bethesda vor Jerusalem (Joh. 5,3-4) oder die Quelle von Siloah im Tal Ben-Hinnon (Joh. 9,7) und das berühmte Gemälde der Jungbrunnen von Lukas Cranach d. Ä. stellt die Komplexität des Ansatz in exzellenter Weise dar.
Den Zeiten geschuldet war die Entwicklung der Erkenntnis geprägt von der Empirie. Beobachtungen können nicht unmittelbar Kausalität belegen, wohl aber Wahrscheinlichkeiten erkennen, immer bezogen auf „Beobachtbares“. Was beobachtet wurde waren Veränderungen, die in zeitlichem Bezug zu einer Intervention und der angewandten Dosierung standen. Beobachtet werden konnten außerdem nur Interventionen, die Elemente des damaligen Portfolios waren. Da moderne Konzepte der Ätiologie und Pathologie nicht zur Verfügung standen, waren unmittelbar kausal wirksame Interventionen eher die Ausnahme (Beispiel: Schirlingsbecher). Die meisten Interventionen (das gilt auch z.B. für die traditionelle Chinesische Medizin oder das klassische indische Ayurveda) waren regulationsmedizinischer Natur, d.h. therapeutische Reize provozieren eine Reizantwort, die bei serieller Applikation regulierende/adaptierende Effekte entfaltet.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wuchs das Verständnis um die Krankheitsursachen ebenso stark an wie die Entwicklung spezifisch wirksamer Therapieansätze und das Verständnis um zu Grunde liegende Wirkmechanismen. Makroökonomische Rahmenbedingungen förderten und fördern hier vor allem Therapieansätze, für sich potentiell patentrechtlich schützen lassen. Diese „Kommerzialisierung“ macht auch zunehmend strengere Maßstäbe bei der Beurteilung der Wirksamkeit erforderlich, nicht zuletzt um die Finanzierbarkeit der Gesetzlichen Versorgungssysteme zu gewährleisten. Erfolgsmeldungen auf der Basis von Beobachtungen erscheinen dabei als zu unzuverlässig, und tatsächlich können Interventionsstudien mit strukturgleichen Vergleichsgruppen (sog. randomisiert kontrollierte Studien, RCT) wesentlich validere (belastbarere) Erkenntnisse generieren. Im Bereich der Arzneimittelstudien (die übrigens den Großteil aller RCTs ausmachen) lässt sich so durch den Einsatz eines äußerlich identischen Scheinmedikaments ohne den Wirkstoff („Placebo“) bei Verblindung aller Beteiligten verlässlich die Wirksamkeit („spezifischer Effekt“) des pharmakologisch relevanten Inhaltsstoffs quantifizieren.
Dieser Ansatz erscheint zunächst einmal grundsätzlich gerechtfertigt, erlaubt er doch z.B. eine neutrale Quantifizierung des Verhältnisses von Wirksamkeit und Kosten einer neuen therapeutischen Intervention für die solidarischen Mittel der Krankenkassen bzw. die Volkswirtschaft. Es erscheint allerdings nicht gerechtfertigt, diesen Ansatz als „Goldstandard“ für alle Fragen zu medizinischen Interventionen zu fordern, insbesondere nicht für Fragestellungen, die die Frage von Kosten und Wirksamkeit auf individueller Ebene untersuchen. Wenn Menschen sich für oder gegen eine (private) finanzielle Investition entscheiden, gilt als Bewertungsmaßstab das Verhältnis von Kosten und Nutzen. Das schließt z.B. bei einer krankengymnastischen Behandlung neben den durch Diplom nachgewiesenen therapeutischen Fertigkeiten („skills“) auch die jeweils konkrete Umsetzung, das Engagement und die „therapeutische Beziehung“ („performance“) sowie die Rahmenbedingungen („setting“) ein, nicht zuletzt weil dies ja in den Kosten „eingepreist“ ist.
Kurorte haben bis vor wenigen Jahrzehnten ihre besonderen medizinischen Angebote in diesem Sinne „ganzheitlich“ angeboten und Kurgäste den Nutzen dieser Angebote für „den Preis wert“ erachtet, was sich z.B. aus der opulenten Bäderarchitektur zwanglos ableiten lässt. Es erscheint höchste Zeit für eine Emanzipation des individuellen Nutzens gegenüber dem volkswirtschaftlichen Nutzen - und für eine Rückbesinnung auf diese inhärenten Qualitäten der kurörtlichen Balneologie.
Zur Person
Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin
1981-1987 Studium der Humanmedizin in Köln und München, 1994 Habilitation für das Fach Physikalische Medizin und Rehabilitation an der Universität Wien., 1994- 1996 Senior Lecturer in Complementary Medicine an der University of Exeter (England), 1996-2006 Direktor des Forschungsinstitutes für Balneologie und Kurortwissenschaft Bad Elster, 1999 außerplanmäßige Professur für den Bereich "Physikalische Medizin und Rehabilitation" an der Technischen Universität Dresden, seit 2007 Geschäftsführender Gesellschafter der Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH und International Associated Dean, Andrew Taylor Still University, Kirksville, USA. Past-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation und Sächsischer Heilbäderverband. Vizepräsident Verband deutscher Badeärzte. Experte für Naturheilkunde, Bäderheilkunde, Osteopathie, funktionelle Gesundheitsstörungen und 2. Gesundheitsmarkt. Über 350 wissenschaftliche Publikationen (ca. 250 Arbeiten in medizinischen Fachjournalen mit Peer Review, 50 Buchbeiträge, 4 Bücher), über 500 Beiträge in populärwissenschaftlichen und Laienmedien
Dipl. Geologe Georg Schießl
Abstract
Neben den natürlichen Heilmitteln des Bodens (Heilwässer, Heilgase und Peloide) und des Meeres behandeln die „Begriffsbestimmungen – Qualitätsstandards“ des Deutschen Heilbäderverbandes e. V. und des Deutschen Tourismusverbandes e.V. auch die auch die natürlichen Heilmittel des Klimas und der Luft. Die eher touristisch geprägten, sog. Artbezeichnungen Erholungsort, Luftkurort und Seebad, stehen den hochprädikatisierten Heilbädern im Inland, den Seeheilbädern und Kurorten unterschiedlicher Spezialisierung wie Mineral-, Thermal-, Moor-, Kneipp-, Schroth- und Felkeheilbad, den Kurorten mit Heilstollen-, Heilquellen- und Peloidkurbetrieben sowie den Heilklimatischen Kurorten gegenüber. In allen genannten Orten sollen neben den genannten Heilmitteln auch die Luft und das Bioklima besser sein als in „normalen“ Städten und Dörfern Deutschlands, wo nach Bundesimmissionsschutzverordnung bestimmte Grenzwerte für Schadstoffparameter der Luft gelten. Die Begriffsbestimmungen regeln mit abgestuften kurörtlichen Richtwerten die Anforderungen an die Ausschöpfung der gesetzlichen Grenzwerte an den Messorten „zentrale Informationsstelle für Kurgäste“ (Ortszentrum, Tourist-Information) und „Kurpark“. Binnen weniger Jahre sind alle Länder der Europäischen Union aufgefordert, die Grenzwerte für Schadstoffe in der Luft zu senken. In der Folge werden auch die Kurorte die Richtwerte für die repräsentativen Messparameter Schwebstaub und Stickstoffdioxid in den nächsten Jahren anpassen müssen, um weiterhin mit ihrer besseren Luft zu werben. Schwieriger zu beeinflussen ist das Bioklima. In Heilklimatischen Kurorten spielen Kältereiz und Wärmebelastung eine Rolle. Die Klimaerwärmung gibt Anlass zur Diskussion über die Definition der Wärmebelastungstage. Auf das Spannungsfeld, in dem sich die Kurorte mit ihren natürlichen Heilmitteln Klima und Luft bewegen, geht der Vortrag ein.
Zur Person
Jahrgang 1959, Schulzeit in Straubing, Studium Geologie/Paläontologie in Erlangen.
Mit den Spezialgebieten Mineralwasser/Heilwasser bin ich als Diplom-Geologe seit über 30 Jahren beschäftigt. Geologische und Hydrogeologische Consulting Fricke in Bad Driburg, HPC AG in Kassel und Hydroisotop GmbH in Schweitenkirchen.
Hierzu gehören beim Heilwasser z. B. die Verwaltungsverfahren „Herstellungserlaubnis als Arzneimittel“ und die „Zulassung als Fertigarzneimittel“, die Planung von Bohrungen für die Erkundung und Erschließung von Mineral- und Heilwässern, die Beratung bei der Nutzung als ortsgebundenes Heilmittel und als Versandheilwasser. In der Hydroisotop GmbH, Schweitenkirchen, bin ich für die Fachgebiete Mineralwasser, Heilwasser sowie Luftqualität und Bioklima in Kurorten zuständig. In der Vereinigung für Bäder- und Klimakunde e.V., ein Mitgliedsverband des Deutschen Heilbäderverbandes, bin ich seit mehreren Jahren ehrenamtlich tätig als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Naturwissenschaft und Technik und seit 2023 Erster Vorsitzender der VBK.
Dr. med. Karin Serrat
Abstract
Sarkopenie und Kur
Sarkopenie, definiert als der altersbedingte Verlust von Muskelmasse und -funktion, stellt gemeinsam mit der sarkopenischen Adipositas eine bedeutende gesundheitliche Herausforderung dar, insbesondere im Hinblick auf die Prävention funktioneller Einschränkungen und Pflegebedürftigkeit im Alter. Eine ganzheitliche Präventions- und Behandlungsstrategie zielt auf die frühzeitige Erkennung und Modifikation von Risikofaktoren beider Zustände ab, wobei Bewegungsförderung, ausgewogene Ernährung und gezielte Interventionen zentrale Rollen einnehmen.
Ein diagnostisches und prognostisches Werkzeug stellt die Messung der Handkraft dar, die als validierter Marker für die Gesamtmuskelkraft und den allgemeinen Gesundheitszustand gilt und einfach im klinischen Alltag einsetzbar ist. Sie ermöglicht eine frühzeitige Identifikation sarkopener Veränderungen und kann zur Therapiekontrolle herangezogen werden.
Die Balneotherapie zeigt vielversprechende Effekte im Rahmen der multimodalen Behandlung der Sarkopenie. Serielle thermale Anwendungen können durch schmerzlindernde, entzündungshemmende und muskelentspannende Effekte die körperliche Aktivität erleichtern und dadurch indirekt zur Erhaltung der Muskelmasse beitragen. Ergänzend bietet die Elektrostimulation (NMES) eine sinnvolle Intervention insbesondere für Patienten mit eingeschränkter Mobilität. Studien zeigen, dass NMES Muskelkraft und -masse auch ohne aktive Bewegung steigern kann.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass interdisziplinäre Ansätze im Rahmen der Kurortmedizin unter Einbeziehung von Bewegung, physikalischer Therapie, serieller thermaler Anwendungen und technikgestützten Verfahren ein hohes Potenzial für die Prävention und Behandlung der Sarkopenie und der sarkopenen Adipositas bieten. Weitere klinische Studien sind erforderlich, um die langfristige Wirksamkeit und optimale Kombination dieser Methoden zu evaluieren.
Zur Person
FÄ für Physikalische Medizin und Rehabilitation
Leitende Ärztin der GE Bad Hofgastein
Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter,
Eisenbahnen und Bergbau
Gesundheitseinrichtung Bad Hofgastein